VR Teil 1 – Test der Occulus Quest
Ich hatte 2019 bereits einen VR Tests mit der Occulus Quest gestartet. Für den Preis war ich wirklich beeindruckt von dem Gerät, auch wenn die Quest einige Macken hatte. Die Controller hatten einige Schwächen hatten (der Ring große Ring stört einfach, weil man damit teilweise irgendwo anstößt und die Batterielaufzeit war auch ziemlich mau). Weiterhin hatte ich mit der Fresnel Linse so meine Probleme, weil dadurch immer wieder optische Effekte wie Lichtblitze aufgetreten sind (interessanterweise primär auf einem Auge). Zu dem Testzeitpunkt konnte man die Quest auch noch nicht mit dem PC verbinden, was ein weiterer Nachteil war.
Somit konnte ich auch nur die Spiele testen, die auf der Quest liefen. Das bedeutete relativ geringe Auflösung und eine recht begrenzte Auswahl.
Daher habe ich die Quest zurückgeschickt und dachte nun über die Investition in ein “richtiges” VR Headset nach.
VR Teil 2 – Valve Index
Da ich kürzlich meinen Rechner auf den aktuellen Stand gebracht hatte und nun eine AMD 5900X + Geforce 3090 FE (die Grafikkarte war nicht geplant aber leider das einzige war mehr als ein paar Sekunden verfügbar war, eigentlich sollte es eine 3080 FE werden) mein eigen nenne, dachte ich mir, dass es Zeit für die zweite Runde VR ist. Dieses mal eben richtig. Der Preis hat mich zuerst abgeschreckt aber dann habe ich es mir insoweit schöngeredet, dass man die Basisstationen und Controller hoffentlich lange nutzen kann, auch wenn das Headset in ein paar Jahre überholt ist und ggf. ersetzt wird.
Das Setup
Das Setup von der Occulus Quest war sehr einfach. Aufsetzen und loslegen beschreibt es am besten. Man konnte optional einen Spielbereich einrichten und das war es auch schon. Das Einrichten des Spielbereiches war simpel. Man hat durch Bewegungen einfach die Grenzen des VR Bereiches vergrößert und zwar beliebig in der Form.
Dementsprechend einfach hatte ich mir das bei Index auch vorgestellt. Weit gefehlt. Klar, man muss die Basisstationen zum Tracking platzieren. Das dauert schon eine Weile, ist aber Systembedingt. Je nach Raumsetup ist die Auswahl der Aufstellungsorte nicht so einfach, weil sie im Optimalfall auf einem ca. 2m hohen Schrank stehen und Diagonal gegenüber. Weiterhin sollte die Sicht auf den VR Bereich nicht durch Gegenstände behindert werden. Wenn die Stationen platziert und eingestellt sind (leicht nach unten geneigt, wenn sie auf 2m stehen), kann man mit der Raumvermessung loslegen.
Das geht mit dem Controller der Index. Man muss im Standardmodus einen möglichst quadratische Linie um den Raum ziehen, der die Basis für den VR Bereich bilden soll. Wenn man das richtig gemacht hat (mindestens 2×1,5m, sonst ist kein Raum VR möglich), dann wird innerhalb des begrenzten Bereiches ein weiterer Spielbereich gebildet.
Spielbereich und Grenze?
Da geht es schon los! Was soll der Quatsch? Die Grenzen des äußeren Bereiches werden angezeigt, wenn man in ihre Nähe kommt, die Grenzen des Spielbereiches aber nicht. Wofür lege ich einen Spielbereich fest, wenn ich für den die Grenzen nicht aktivieren kann? Wieso hat man das nicht wie bei der Quest gelöst? Die braucht weder die Minimalgröße, noch hat man zwei separate Bereiche, von denen der erste Bereich (Grenzbereich) der eigentlich relevante ist aber sich deutlich schlechter anpassen lässt als der zweite Bereich (Spielbereich).
Den Spielbereich sieht man nur auf dem Boden. Wenn man im Sitzen / Stehen spielt lässt sich kein Grenzbereich definieren. Spiele wie Beatsaber sind also dann recht gefährlich, weil man überhaupt keine Begrenzungen sieht. Ich würde sogar davon abraten ohne freien Bereich von 2×1,5m zum Spielen derartige Spiele zu nutzen.
Kamera mal ja mal nein
Ansonsten ist es auch eher eine Glückssache, ob die Grenze bei Annährung angezeigt wird und ob die Kamerasicht dann aktiviert wird, mal ja mal nein. Wenn die Kamera überhaupt geht. Das ist auch eher eine Glücksfrage. Hier muss ich ganz klar sagen war die Occulus Quest um Längen besser. Sowohl was den Setupprozess angeht als auch bei der Kameradurchsicht.
Bzgl. der Grenzen scheint ein Unterschied zwischen Headsettracking und Controllertracking zu bestehen. Sobald ein Controller in den Grenzbereich kommt oder diesen Überschreitet wird immer zuverlässig die Grenze gezeigt. Mit dem Headset kann man auch öfter die Grenze überschreiten, ohne das es einen Effekt hat. Warum das so ist, kann ich bisher nicht nachvollziehen, denn wenn das Headtracking nicht funktionieren würde, müsste man das ja auch im Spiel merken.
Die Idee von der Kameradurchsicht ist, dass bei Annäherung an die gesetzten Grenzen die Sicht so umgeschaltet wird, dass man die Realwelt sieht und so Kollisionen mit z.B. Wänden oder anderen Gegenständen vermeiden kann. Stellt euch das grob vor wie beim Holodeck in Star Trek vor.
Anfangs konnte ich die Kamera überhaupt nicht zur Zusammenarbeit bewegen. Geholfen hat bei mir, als ich die Index Infrastruktur mit Schaltstecktoden an und ausschalten konnte und die Index + Basisstationen erst hochgefahren habe, wenn der Rechner bereits ins Windows gestartet war. Als ich diese Möglichkeit noch nicht hatte, kam in der Regel als Fehlermeldung “keine Kamerakommunikation möglich”. Ob nun der Strom der Index getrennt wurde, die Treiber gelöscht und neu installiert wurden, die Index neu gebootet wurde – hat alles die Kamera nicht zur Zusammenarbeit bewegt. Irgendwann ging es dann, nachdem ich die Steckdosen verwendet habe.
Ein erweitertet Setupmodus erlaubt es zumindest Grenzbarriere über die vier Eckpunkte zu definieren. Der Modus ist aus meiner Sicht die bessere Variante, da der Spielbereich eh quadratisch sein muss.
Die Inhalte
Wie immer bei VR ist die der initiale WOW-Effekt groß. Plötzlich sitzt man mitten in einem Flugzeug (Flight Simulator), X-Wing (Star Wars Squadrons) oder versucht mit Lichtschwertern dem Beat zu folgen (Beatsaber). In Super Hot findet man sich in Matrix artigen Gefechten wieder (die Zeit wird steht dort, so lange man sich selbst nicht bewegt, desto schneller man sich selbst bewegt, desto schneller läuft die Zeit).
In Half Life Alyx stapfen sogar riesige Roboter und Mutanten durch das Zimmer. Das ganze Spiel ist so ausgelegt, dass man quasi alles anfassen kann und somit VR maximal erlebt. Der Effekt nutzt sich aber schnell ab. Das ist ungefähr so, wie man bei den 3D Filmen am Anfang auf maximale Effekte gesetzt hat. Das hat anfangs seinen Reiz, verliert ihn aber schnell wieder.
So weit so schön. Realistisch betrachtet findet man aber nur 15-20 VR Spiele, die es sich aktuell lohnt zu spielen. Für mich gewinnen am meisten Simulationen oder simulationsartige Spiele wie z.B. Flight Simulator, Star Wars Squadrons, War Planes usw.
Aber alleine der Flight Simulator könnte fast Grund genug für VR sein, wenn er denn nicht so schlecht programmiert wäre. Für die dargestellte Qualität sind die Leistungsanforderungen ein Witz (extrem zu hoch). Selbst absolute High End Systeme gehen bei eher mittelmäßiger Grafik (man muss die Einstellungen gewaltig runterschrauben) in die Knie.
VR Erfahrungen
VR macht Spaß. Das liegt auch daran, dass damit Spielerfahrungen möglich werden, die sonst nicht möglich sind. Es ist eben schon sehr cool, wenn man plötzlich im Cockpit eines X-Wings sitzt oder auch im Flugzeugcockpit sitzt und ganz normal in alle Richtungen schauen kann. Näher an echtes Fliegen kann man ansonsten nicht herankommen, wenn man nicht gleich in ein echtes Flugzeug steigt. Wenn man den Kaufpreis zu Flügen in echten Flugzeugen in Relation setzt, kommt einem der Preis für das Headset plötzlich nicht mehr so hoch vor.
Nach der initialen Begeisterung versucht man dann aber die Kinderkrankheiten zu beseitigen, die man anfangs eher als “schaue ich mir später an, wird schon zu beheben sein” abtut.
Bei mir waren das mehrere Effekte. Ich hatte immer wieder Mikroruckler, die ich auch bei optimaler (genau diagonal gegenüber) Positionierung der Lighthouse Basisstationen nicht in den Griff bekommen habe.
Egal wie ich die Basisstationen aufgestellt habe, bei schnellen Kopfbewegungen ist das selbst im Steam Startraum passiert. Dabei war es auch egal, ob 80 oder 144Hz ausgewählt waren.
Nach etwas Recherche im Netz scheint das aber eher ein Nvidia (speziell bei der 30er Serie) als ein Index Problem zu sein. Offenbar fällt das bei VR Headsets deutlich mehr auf, als auf dem Monitor. Dort ist mir zumindest diese Art des Ruckelns noch nie aufgefallen. Lt. einem Thread im Nvidia Forum arbeitet man am Problem. Wann es gelöst wird, ist offen. So ganz einfach scheint es auch nicht so sein, da das Problem offenbar schon seit dem Release der 30er Serie besteht. Verursacht wird der Effekt offenbar durch einzelne übersprungene Bilder. Das sieht man selbst bei Bildraten von 144 Hz noch.
Anatomische Besonderheiten
Der Sweetspot (Bereich mit hoher Schärfe) und das Field of View (also der Sichtbereich) sind individuell sehr unterschiedlich. Wenn eure Augen tief innen liegen, dann werdet ihr mit beidem Probleme haben. Das FOV ist umso größer, desto näher ihr an der VR Brille seid. Am besten hättet ihr also ein flaches Gesicht. Bei der Index kann man zwar die Distanz zwischen Display und Auge einstellen aber das funktioniert nur sehr begrenzt. Bei mir sind die Knochen über den Augen oder die Brille im Weg. Ich habe sogar die Linsen von VR Optiker probiert aber auch die helfen diesbezüglich nicht, da sie den Abstand zu den Linsen auch vergrößern.
Beim FOV komme ich horizontal also auf rund 95°, was nicht gerade überragend ist. Das Vertikale FOV ist bei mir oben durch die Knochen über den Augen sehr stark eingeschränkt. Selbst wenn ich nur das FOV nach unten bewerte komme ich vielleicht auf 80°. Keine Ahnung wie man bei dem Test auf 130° kommen kann. Mit meiner Anatomie geht das definitiv nicht. Nach wie vor ist also VR nichts anderes als eine Taucherbrille tragen. So fühlt es sich zumindest an. Das trifft offenbar für alle VR-Brillen abseits der Pimax zu.
Sowohl mit den Linsen als auch mit der Brille hatte ich Probleme bzgl. des Sweetspots im horizontalen Bereich. Wenn man zu weit nach links oder rechts schaut wird es unscharf. Das sind aber Erfahrungen, die bei jedem Tester anders sind. Das hat auch wieder mit der Position der Augen zu tun.
Mein Augenabstand liegt mit 66mm im Normbereich. Diesbezüglich ist die Index übrigens klasse, weil die IPD im 0,1mm Bereich den Abstand anzeigt. Weniger toll ist, dass sich die Einstellung auch gerne mal von selbst ändert bei Kopfbewegungen.
Abseits davon hat man selbst bei weißer Schrift auf schwarzem Grund ständig irgendwelche glare Effekte. Das wird durch eine Brille oder Zusatzlinsen eher noch verstärkt.
Die Bildqualität
Die Displays der Index sind heute im Vergleich bestenfalls Mittelmaß. Die Auflösung ist eher gering verglichen mit vielen anderen Headsets. Das hilft zumindest bei PCs mit weniger Leistung. Trotz der – im Vergleich zu anderen Headsets offenbar – geringen Abstände zwischen den Pixeln lassen sich die einzelnen Punkte problemlos ausmachen. Das nennt sich Fliegengittereffekt.
Der Schwarzwert ist eher mau, selbst die Quest war diesbezüglich aufgrund des OLED Displays deutlich überlegen.
Abseits davon hat das Display sehr gute Bildwiederholraten und die Farbdarstellung ist ok.
Fairerweise muss man aber sagen, dass obige Effekte im Spielbetrieb kaum auffallen. Falls doch, dann am ehesten dadurch, dass man näher ran muss, um etwas lesen zu können. Das Fliegengitter ist schnell vergessen und selbst an den Schwarzwert kann man sich gewöhnen.
Controller
Die Controller habe ich im ersten Moment als nicht viel besser als bei der Quest eingestuft. Das war aber ein Fehler. Die Feinheiten machen es aus. Die Ringe an den Quest Controllern stören da man die vergisst und daher bei Bewegungen öfter mit den Controllern aneinander stößt. Das Problem gibt es bei den Index Controllern nicht. Weiterhin ist die Akkulaufzeit bei den Index Controllern deutlich größer.
Gerade bei Beatsaber merkt man aber auch das deutlich bessere Tracking, das eben wesentlich genauer ist als bei einer Occulus Quest über die integrierten Kameras.
Das Fingertracking ist nach meiner Erfahrung ziemlich ungenau und somit nur bedingt hilfreich. Das stört in etwa so viel wie man es anfangs toll findet, wenn es dann eben nicht der realen Stellung der Finger entspricht.
Die Controller scheinen aktuell die besten am Markt zu sein.
Der Ton
Der Ton ist wirklich klasse und das beste was ich bei einem VR Headset bisher gehört habe. In dem Bereich nichts zu beanstanden und auch nicht viel zu sagen.
Was noch fehlt wäre höchstens Surroundton aber andersrum vielleicht besser nicht. Dann wird das Headset noch schwerer und vermutlich auch hässlicher. 😉
Sonstiges
Ein paar Sachen sind mir sonst noch aufgefallen. Beim Updateprozess muss man jedes Gerät einzeln Updaten. Erst Basisstation 1, dann Basisstation 2, dann Headset, dann Controller 1, dann Controller 2. Ernsthaft? Das ist das Headset was angeblich am einfachsten zu bedienen ist und dann sowas? Wenn ich als Normalanwender updaten will, dann will ich einen Button und fertig. Zumindest als eine Option. Vor allem macht es keinen Sinn auf den beiden Basisstationen und auf den beiden Controllern unterschiedliche Firmwarestände zu haben.
Die Basisstation laufen im Standardmodus rund um die Uhr. Da ist sogar ein Motor für den Laser drin, der immer mitläuft. Strom sparen scheint bei Steam kein Thema zu sein. Den Standbymodus muss man erst manuell aktivieren. Standby bedeutet, dass die Basisstationen immerhin in Bereitschaft gehen (Motor aus), auch dann leuchten die LEDs noch. Auch die Index kennt kein echtes Standby. Die Leuchtdioden leuchten sowohl an den Basisstationen als auch am Headset immer. Somit kann man gleich noch 3 schaltbare Steckdosenadapter zusätzlich planen. Das ist nicht zeitgemäß.
Die Index ist mit Kabel schon ein ordentliches Gewicht auf dem Kopf. Das Kabel stört bei Bewegungen im Raum regelmäßig. Man kommt sich deutlich beschränkter vor, als dies z.B. bei der Quest ohne Kabel der Fall war.
Das Headset wird auch ganz schön warm. einerseits liegt es auf dem Gewicht auf und wenn ihr euch schnell bewegt müsst ihr die Schraube hinten auch schon etwas anziehen, damit das Headset fest am Kopf sitzt, ansonsten habt ihr Trägheitseffekte, wenn ihr den Kopf schnell bewegt und dann abrupt stoppt. Dadurch wird euch allein vom Tragen schon warm darunter. Die Displays helfen dabei noch.
Fazit
Nachdem ich die Occulus Quest vor einem halben Jahr getestet habe und die Valve Index eigentlich in jedem Test als optimale VR Mischung mit perfektem Tracking beschrieben wird, hatte ich persönlich mehr erwartet.
Dabei war ich mit dem Tracking der Controller sehr zufrieden. Mit den Mikrorucklern beim Drehen im Raum war ich aber absolut nicht zufrieden. Dafür kann die Index aber scheinbar nichts (siehe oben).
An den Controllern und am Ton gibt es auch wenig zu bemängeln.
Die Linsenthemen FOV und Sweetspot sind so individuell, dass man die nicht verallgemeinern kann. Dafür ist jeder Mensch zu unterschiedlich. Generell wäre mir ein größeres FOV lieber. In dem Bereich gibt es aber nur Pimax als Konkurrenz, deren VR-Brillen als wenig einsteigerfreundlich gelten. Weiterhin hat Pimax den Ruf quasi keinen Service bieten (auch dann nicht, wenn der Service manchmal aufgrund von Qualitätsproblemen angebracht wäre).
Somit ist mein Fazit: VR ist cool aber die Hardware ist noch immer in den Kinderschuhen und hat noch immer Kinderkrankheiten. Es ist zwar eine nette Spielerei aber haben muss man das nicht zwingend, auch nicht als leidenschaftlicher Spieler.
Am besten wäre vermutlich aktuell die Pimax 8KX. Die kostet aber auch schon 1500€ ohne Zubehör. Das heißt man benötigt trotzdem noch Basisstationen und Controller. Dann hat man ein Headset, bei dem man die Kopfhalterung tauschen muss, da der Ton der Standardhalterung sehr schlecht ist (somit landet man also in Summe schon bei ca. 2100€). Auch bei Pimax scheint es aber Linsenprobleme zu geben (vermutlich sowohl Fertigungstoleranzen als auch abhängig von den jeweiligen Testern, wenn man Rückschlüsse aus Tests und Benutzerfeedback zieht).
Von VR 2.0 sind wir also leider noch ein ganzes Stück entfernt. Die Bestandteile sind vorhanden aber aktuell gibt es leider keinen Hersteller, der das out of the box und als Set liefern kann oder will, selbst wenn man bereit ist solch hohe Beträge zu bezahlen.