Pacific Crest Trail (PCT) – Lessions learned
Nachdem ich ein Jahr nach meinem Hike noch mal alle meine Reiseberichte vom PCT Hike gelesen habe, fasse ich hier kurz die Erkenntnisse zusammen, die meinen Hike angenehmer gemacht hätten. Viele davon sind individuell, aber vielleicht helfen ein paar davon auch jemand anderem seinen Hike angenehmer zu gestalten.
- Das Fertigessen von Knorr und Co aus dem Supermarkt ist nach meiner Erfahrung nicht essbar. In der Regel sind die Packungen auch nicht vollständig. Beispielsweise muss Milchpulver dazu gegeben werden oder Gemüse und Fleisch. Ich weiß nicht wie es mit den Zugaben schmeckt. Ohne ist es zumindest ekelig. Überspringt das Zeug und nutzt freeze dried food (Moutain House oder vergleichbar), wenn ihr euch das leisten könnt. Wenn nicht müssen es andere Sachen wie Ramen usw. tun. Das gibt es in der Regel nicht im Supermarkt aber in Sportgeschäften, wenn vorhanden. Manche Supermärkte oder kleine Läden haben es auch. Das sind die, die das Angebot auf Hiker angepasst haben.
- Aufkommende shint splints / Schmerzen der Muskeln im Schienbeinbereich können zum Teil behoben werden durch hohe Socken (bei mir hat die halbe Knniehöhe gereicht und ich habe auch nachts immer Socken getragen mit der selben Höhe aber nur zum Schlafen). Es gab auch Hiker, die Socken bis zum Knie hatten. Am Anfang fand ich das seltsam (hohes Gewicht + Wüstenhitze) aber habe auch nicht direkt nachgefragt warum. Die meisten Hiker haben extrem kurze Socken, um Gewicht zu sparen. Sobald ich hohen Socken hatte, wurden die Schmerzen uns Schwellungen im Kniebereich durch die Kompression und bessere Durchblutung weniger. Leider hat es eine ganze Weile gedauert, bis ich das rausgefunden habe. Einige Wochen mit echt üblen Schmerzen und viel Ibu.
- Wenn euch eurer Rucksack (Höhe) schon beim Training zu klein vorkommt oder so gerade grenzwertig, dann nehmt den für die nächsthöhere Körpergröße. Ihr merkt das am Verlauf der Gurte über den Schultern. Die Schultergurte sollten noch ein gutes Stück Reserve haben und der Gurt um die Lage des Rucksacks zu ändern (enger am Rücken oder weiter weg), sollte nach oben gehen und nicht gerade laufen. Mit dem Gurt könnt ihr, wenn er nach oben läuft Gewicht von den Schultern nehmen. Wenn er gerade läuft geht das nicht. Zpacks verkauft die Rucksäcke eher zu klein, weil sich sonst offenbar viele Hiker beschweren, dass sie mit dem Kopf an den Rucksack stoßen, wenn sie den Kopf in den Nacken legen. Wenn ihr die oben geschriebenen Reserven nicht habt hat das mehrere Nachteile: Erstens müsst ihr den Hüftgurt sehr eng ziehen, damit ihr die Schultern nicht überlastet und mit den Schultergurten bereits am Ende der Einstellung seid (der Hauptteil des Gewichtes liegt im Optimalfall auf den Hüften). Wenn der Hüftgurt zu eng ist, kann dann zu Problemen mit Magensäure und Essen führen. Anders als über den Hüftgurt bekommt ihr den Rucksack aber nicht hoch, ohne sehr viel Last auf die Schultern zu geben. Magenprobleme könnt ihr euch auf dem PCT und besonders in den Sierras nicht leisten. Da habt ihr ggf. ganz andere Sorgen Spätestens in den Sierras läuft man mit 16-24kg und dann braucht man jede Reserve bei der Rucksackverstellung, die man vorher ggf. nie gebraucht hat. Zusätzlich hat man bis dahin in der Regel deutlich abgenommen was dazu führt, dass man den Hüftgurt eh schon enger ziehen muss.
- Blasen kann man, wenn sie klein bleiben einfach weglaufen ohne sie auskurieren zu müssen. Wenn sie größer werden oder wandern, können die Hike bedrohlich werden. D.h. ab einem bestimmten Punkt hilft nur Pflege und auskurieren. Ja es nervt, wenn man sich innerhalb des Tages wo man eigentlich weiter kommen will um Blasen kümmern muss aber manchmal ist es besser sich direkt darum zu kümmern als bis Abends zu warten. Gerade wenn viel Flüssigkeit drin ist, muss die raus. Ob nun mit aufstechen (kann sich entzünden) oder Blasenpflaster (kann ich der Wüste durch den Schweiß die Situation sogar schlimmer machen) aber man muss was tun.
- Ich habe durchgängig Zehensocken genutzt und zumindest im Zehenbereich hatte ich keine Probleme. Ich habe keinen Nagel verloren und auch wenig Blasen im Zehenbereich. Hey, irgendwas muss ja auch gut laufen, oder?
- Kauft die Schuhe anfangs eher etwas zu groß als zu klein aber das steht eh in jedem Blog zum PCT (die Füße schwellen etwas an durch die hohe Beanspruchung / Durchblutung / Wasser whatever). Diesbezüglich hatte ich keine Probleme, weil ich das beherzigt habe. Es gab aber genügend Hiker, die sich beim ersten Shop erst mal neue Schuhe kaufen mussten.
- Manche Schmerzen lassen sich anfangs ignorieren. Bei mir lag der Bearcan, den ich im Rucksack hatte in der Sierra Sektion auf dem Steißbein auf. Anfangs war das nicht mal schmerzhaft, irgendwann absolut unerträglich. Nutz was ihr habt. Es kann schon die Socke sein, die ihr Bearcan und Steißbein stopft. Steuert bei Schmerzen frühzeitig gegen. Ab einem gewissen Punkt hilft sonst auch kein Schmerzmittel mehr und dann verschwinden die Schmerzen auch nach Gegensteuern kaum noch.
- Eine Bounce Box würde ich nach wie vor für nicht US Amerikaner empfehlen aber nutzt Sie nicht zu oft. Ich habe versucht sie alle paar Wochen im Zugriff zu haben, weil ich auch einen Rasierer drin hatte. Heute würde sie wirklich so weit möglich voraus bouncen. Ansonsten hält die Box einen nur auf (einsammeln, umpacken, wieder los schicken). Übrigens seit ihr auch beim Senden an Privatadressen keineswegs sicher, dass ihr später besser dran kommt. Ich hatte zum Beispiel den Fall, dass ein Motelmanagement gewechselt hat, das Paket nicht angenommen wurde und USPS das Paket nach Deutschland zurück geschickt hat, weil ich nicht sofort auf die Mail reagiert habe (man hat nur wenige Tage Zeit und ich war in den Sierras). In den Billigsupermärkten gibt es teilweise für 10$ Elektrorasierer, wenn man meint der Bart müsste runter. Allein die geringeren Kosten durch das seltenere weiterbouncen heben das auf. Generell muss man damit rechnen, dass die Bounce Box untergeht. Wenn bei USPS was verschwindet taucht es in der Regel nie oder Wochen / Monate später wieder auf. Es sollte nichts so wichtig sein, dass ihr ohne nicht weiter könnt. Das habe ich auf die harte Tour gelernt. Meine Magentabletten (Magensäuresenker – Omeprazol) waren in den Sierras somit weg. Auch diverse andere Dinge, die teilweise nicht leicht zu ersetzen waren. Vieles kann man vor Ort mit anderem Namen und ggf. geringerer Dosis kaufen aber in der Regel lässt es sich ersetzen. Ich hatte zum Beispiel auch das Permit für die Einreise nach Kanda in der Bounce Box. Das sind alles so Sachen, die eigentlich erst mal unwichtig sind aber das spielt für die Psyche alles eine Rolle (nach Kanada komme ich ja nun eh nicht mehr). Nehmt möglichst wenig Ballast mit auf den Trail. Die Bounce Box kann beides sein. Zusätzlicher Aufwand und Rettung in der Not.
- Wenn man aufkommende Schmerzen in der Achillessehne hat (bzw. die Sehne selbst schmerzt nicht, sondern die Muskeln und alles andere in dem Bereich), muss man sofort gegensteuern. Entweder muss man die Schuhe im Fersenbereich weiter auspolstern oder den oberen Teil des Schuhs wegschneiden, auch wenn das bei neuen Schuhen weh tut. Ich habe gepolstert aber das hält durch Schweiß / Flussquerungen immer nur bedingt.
- Lasst euch nicht einreden, dass ihr irgendwelche Klamotten nicht braucht, weil andere die auf ihrem Hike nicht gebraucht haben und daraus generelle Regeln machen. Waren die in einem high oder einem low snow year unterwegs? Sind sie im März, April oder im Mai los gelaufen und wann waren sie wo? Wasserdichte Handschuhe können einem selbst bei einem Schneesturm in der Wüste (bei mir um LA rum) den Hintern oder in dem Fall die Hände retten. Meine Handmotorik war dort so eingeschränkt, dass ich fast nicht mal mehr die Gurte des Rucksacks schließen konnte. Ich würde auch niemanden empfehlen ohne Regenklamotten (mindestens eine Jacke) durch die Wüste zu hiken aus den gleichen Gründen. Das geht in 90% der Fälle gut aber sind die anderen 10% euch Erfrierungen wert?
- Lasst euch nicht durch Berichte von anderen Hikern abschrecken. Manche haben Spaß daran andere zu erschrecken oder wollen ihre eigene Leistung hervorheben. Ja, man sollte die Berichte durchaus berücksichtigen aber sich immer ein eigenes Bild machen. Ob es um Bären geht, die angeblich in Wassertanks schwimmen oder unglaubliche Schneebedingungen. Lasst euch nicht aus eurem Hike quatschen. Es ist eure Entscheidung und euer Leben. Das gilt natürlich auch für meine Tipps. Nur weil ich irgendwelche Probleme hat, habt ihr die nicht zwangsweise auch.
Die obigen Tipps hätten meinen Hike ggf. um Wochen verlängert. Das lässt sich im Nachhinein nicht sagen. Ohne die Erfahrung des PCT wäre ich im vorbereitenden Training aber wohl kaum darauf gekommen (abseits vom Rucksack, an dem hatte ich von Anfang an Zweifel aber Zpacks hat mich dann überzeugt, dass der doch so gut ist wie er ist und in der Wüste ging er auch noch). Auch wären mir diverse Zeros erspart geblieben, die wiederum die Kosten hoch treiben und die Motivation senken.
Ja, das hört sich alles total schlimm an. Soll ich den PCT wirklich wandern, wenn es so schlimm ist?
Ich kann euch versichern: Ihr werdet Schmerzen haben. Wie stark ist aber je nach körperlichen Voraussetzungen / Glück / Pech ganz unterschiedlich. Es soll Leute geben, die fast ohne Schmerzen den PCT laufen. Ich glaube das nicht aber wenn ihr zu denen gehört. Herzlichen Glückwunsch! Lasst euch nicht von mir beirren.
Ich habe kürzlich eine schöne Aussage im Buch Journeys North von einer Thru-Hikerin gelesen. Wann gehen die Schmerzen weg? 3 Monate nach dem Hike. – Das kann ich grob so bestätigen. Bei mir hat es auch einige Monate gedauert, bis alle Blessuren verschwunden waren.
Trotzdem sind viele Erlebnisse auf dem PCT es wert! Wie heißt die Tour de France so schön: “Die Tour der Leiden”. Das gilt für den PCT auch, trotzdem solltet ihr euch davon nicht vom Hike abhalten lassen! Steuert so früh wie möglich gegen. Das kann den Unterschied zwischen einem vollständigen Thru-Hike und einem abgebrochenen machen.
Denn anders als es viele Bücher vermitteln wollen, kann man nicht alles ignorieren. Es gibt erstaunlich taffe Leute auf dem Trail aber manche haben auch einfach weniger Probleme. Zeros sind für manche Dinge keine Lösung (in meinem Fall das Shint Splints Thema oder die Probleme mit der Achillessehne) für andere Dinge (wandernde / große Blasen) kann es aber sogar die einzige funktionierende Lösung sein.
Der beste Tipp für den Trail lautet: Treffe weise Entscheidungen. Mann wird den Thru-Hike nicht schaffen, wenn man sich zu schnell abschrecken lässt egal ob von Schmerzen oder Situationen wie Flussquerungen, Schnee oder anderen Dingen. Andersrum bringt es auch nichts, wenn man sich direkt die Knochen bricht und seinen Hike damit beendet.
Für viele ist ein Thru-Hike oder auch nur der Versuch eines Thru-Hike das Abenteuer des Lebens. Ein geringer Anteil schafft den Thru-Hike und noch viel weniger schaffen alle drei großen US Hikes. So oder so seid ihr aus dem Hamsterrad raus. Ihr habt ein halbes Jahr zur eurer freien Verfügung und werdet vielleicht bis zur Rente nie wieder in dieser Situation sein. Nutzt die Zeit.
2019 sind trotz des High Snow Years ca. 900 Hiker von vermutlich grob 6000 (90 Tage x 50 NOBO Starter + SOBO Hiker + evtl. ein paar ohne Permit) angekommen. Die Statistik zählt die Hiker, die selbst behaupten einen vollständigen Thru Hike durchgeführt zu haben. Ob die wirklich den Trail vollständig gelaufen sind, wird nicht geprüft und da man sich auf der Seite melden muss, können auch viele angekommen sein, die sich nicht gemeldet haben. D.h. die Zahl ist relativ unzuverlässig. Trotzdem ist das eine recht beachtliche Zahl.